12: Chronische Niereninsuffizienz: Behandlung

Zu den drei Behandlungsoptionen der chronischen Nierenkrankheit zählen die medikamentöse Therapie, Dialyse und Transplantation.

  • Alle Patienten mit chronischer Nierenkrankheit werden zunächst mit Medikamenten behandelt. Aber auch eine Ernährungsberatung und regelmäßige ärztliche Kontrollen sind wichtig.
  • Ist der Funktionsverlust der Nieren schon sehr weit fortgeschritten (Endstadium der Nierenkrankheit) wird die Behandlung mit der Dialyse bzw. eine Nierentransplantation notwendig.

Die medikamentöse Behandlung

Warum ist die medikamentöse Behandlung der chronischen Niereninsuffizienz so wichtig?

Die chronische Niereninsuffizienz ist eine Krankheit, die nicht heilbar ist. Wie eben bereits erwähnt, wird im Terminalstadium sogar die sogenannte Blutwäsche (Dialyse) oder eine Nierentransplantation notwendig, um den Patienten am Leben erhalten zu können. In Indien haben beispielsweise nur 5-10% der Betroffenen Zugang zu solchen Behandlungsoptionen aufgrund der hohen Kosten und der problematischen Verfügbarkeit. Die übrigen Patienten erhalten überhaupt keine Therapie.

Letztendlich kann man sagen, dass nur eine frühe Diagnosestellung und eine sorgfältig abgestimmte medikamentöse Therapie die Notwendigkeit der Dialyse bzw. der Nierentransplantation möglichst lange hinauszögern können und somit die Behandlungskosten relativ gering halten.

Patienten mit einer chronischen Niereninsuffizienz haben heute eine hohe Lebenserwartung, wenn frühzeitig eine medikamentöse Behandlung angesetzt wird.

Warum versäumen es so viele Niereninsuffizienz-Patienten die Möglichkeit einermedikamentösen Behandlung ?

Der Beginn einer sorgfältig abgestimmten, medikamentösen Behandlung in einem frühen Stadium der chronischen Niereninsuffizienz lohnt sich am Meisten. Aber, zu diesem Zeitpunkt sind die meisten Patienten noch asymptomatisch oder fühlen sich gesund, wenn die Medikamente richtig eingestellt sind. Aber aufgrund der fehlenden Symptome realisieren viele Betroffene und auch ihre Familien nicht die Ernsthaftigkeit dieser Erkrankung. Infolgedessen nehmen sie die Medikamente nicht regelmäßig ein und vernachlässigen auch die Ernährungsempfehlungen. Die Unterbrechung der Therapie kann jedoch zu einer schnellen Verschlechterung der Nierenfunktion führen, sodass diese Patienten binnen kürzester Zeit Dialysepflichtig werden bzw. transplantiert werden müssen. Diese Behandlungsoptionen sind jedoch auch sehr kostspielig.

Welche Ziele werden mit der medikamentösen Behandlung verfolgt?

  1. Den Krankheitsfortschritt verlangsamen.
  2. Zugrunde liegende Ursachen behandeln.
  3. Symptome lindern und Komplikationen der Krankheit behandeln.
  4. Das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen reduzieren.
  5. Den Therapiebeginn mittels Dialyse bzw. eine Nierentransplantation solange wie möglich hinauszögern.

Welche Behandlungsstrategien werden während der verschiedenen Stadien der chronischen Niereninsuffizienz verfolgt?

In der nachfolgenden Tabelle werden die Behandlungsstrategien und empfohlene Maßnahmen zusammengefasst:

Nierenversagen bedingt immer Funktionsverlust beider Nieren.

Stadium Empfohlene Aktion
1
  • Diagnosestellung und Behandlungsbeginn um das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen.
  • Die Patienten im Umgang mit ihrer Krankheit schulen.
  • Begleiterkrankungen behandeln, umso u.a. das Risiko von kardiovaskulären Erkrankungen zu senken.
2
  • Den Krankheitsverlauf einschätzen. Begleiterkrankungen behandeln.
3
  • Komplikationen behandeln und einschätzen, Konsultation eines Nephrologen.
4
  • Patienten über Möglichkeiten der Nierentransplantation informieren und sie darauf vorbereiten.
5
  • Dialyse oder Nierentransplantation

Während allen Stadien müssen die Patienten regelmäßig ärztliche Kontrolluntersuchungen wahrnehmen. Des Weiteren werden die Betroffenen angehalten ihren Lebensstil zu ändern.

9 Schritte des medizinischen Behandlungsplans der chronischen Nierenkrankheit:

1. Behandlung der primären Krankheitsursache

Die zugrunde liegende primäre Ursache muss identifiziert und behandelt werden. Zu den häufigsten Gründen zählen z.B.:

  • Diabetes mellitus und Bluthochdruck
  • Harnwegsinfektion oder Verlegung der Harnwege durch Nierensteine
  • Glomerulonephritis, renovaskuläre Hypertonie, durch Medikamente verursachte Nephropathie

Eine frühzeitig angesetzte Therapie kann das Fortschreiten der chronischen Niereninsuffizienz hinauszögern, vorbeugen oder auch teilweise rückgängig machen.

Die chronische Nierenkrankheit ist oftmals nicht vollständig heilbar. Dennoch ist ein frühzeitiger Behandlungsbeginn am vielversprechendsten.

2. Strategien, die den Krankheitsfortschritt hinauszögern bzw. verlangsamen

Effektive Maßnahmen, die das Voranschreiten der chronischen Nierenkrankheit verlangsamen, sind:

  • strikte Kontrolle des Blutdrucks sowie die Einnahme von sogenannten ACE-Hemmer oder Angiotensin-II-Rezeptorblocker (AT-Blocker)
  • eine eiweißarme Ernährung
  • Senkung der Blutfette
  • besteht eine Anämie, so muss diese behandelt werden

3. Unterstützende und symptomatische Behandlung

  • Die Gabe von sogenannten Wassertabletten (Diuretika) zur Steigerung des Urinvolumens bzw. zur Reduzierung der Wassereinlagerungen (Ödeme)
  • Medikamente, die Leiden wie Magenschmerzen, Übelkeit oder Erbrechen lindern
  • Die zusätzliche Gabe von Kalziumpräparaten, Phosphatbindern und die aktive Form des Vitamin D zur Vorbeugung von Knochenfrakturen, die aufgrund der chronischen Nierenkrankheit leichter auftreten können
Bei einer chronischen Niereninsuffizienz kann die Behandlung der zugrunde liegenden Ursache dazu beitragen, dass das Fortschreiten der Erkrankung hinausgezögert werden kann.

4. Die Behandlung potentiell reversibler Ursachen

Faktoren, die den Schweregrad der Niereninsuffizienz verschärfen, bedürfen einer medizinischen Behandlung. Ist die Korrektur solch reversibler Faktoren möglich, kann es bereits zu einer Verbesserung der Nierenfunktion kommen bzw. die Funktionsfähigkeit der Nieren kann stabilisiert werden. Zu den häufigsten reversiblen Ursachen zählen:

  • Volumenmangel
  • Nierenversagen, welches durch bestimmte Medikamente verursacht worden ist (z.B. nichtsteroidale Antirheumatika, d.h. Schmerzmittel mit entzündungshemmender Wirkung wie Ibuprofen; Kontrastmittel, bestimmte Antibiotika)
  • Infektionen
  • Herzinsuffizienz

5. Komplikationen, die im Zuge der chronischen Niereninsuffizienz auftreten können, müssen erkannt und behandelt werden

Komplikationen bei der chronischen Nierenkrankheit müssen frühzeitig erkannt werden und bedürfen einer sofortigen Behandlung. Die häufigsten Probleme sind:

  • ein Flüssigkeitsüberschuss
  • erhöhte Kaliumwerte im Blut (> 6,0mmol/l)
  • krankhafte Auswirkungen auf Herz, Gehirn und Lunge bei einem fortgeschrittenen Nierenversagen
Die Behandlung von Infektionen und Volumenmangel ist sehr wichtig bei der chronischen Niereninsuffizienz.

6. Allgemeine Maßnahmen und Veränderungen des Lebensstils

Folgende allgemeine Maßnahmen können dazu beitragen, dass eine Verschlechterung der chronischen Nierenkrankheit hinausgezögert werden kann:

  • Aufhören, zu rauchen
  • ein der Größe und dem Alter entsprechendes Gewicht beibehalten und sich regelmäßig körperlich betätigen
  • den Alkoholkonsum beschränken
  • den aufgestellten Ernährungsplan befolgen und die Salzaufnahme reduzieren
  • Verschriebene Medikamente wie angeordnet einnehmen. Die Dosis der Medikamente muss dem Schweregrad der Niereninsuffizienz angepasst werden.
  • Regelmäßige Kontrolluntersuchungen wahrnehmen und die vom Nephrologen empfohlene Behandlung befolgen.

7. Die Ernährung

Abhängig von der Art und dem Schweregrad der Nierenerkrankung, werden ernährungsbedingte Einschränkungen bei der chronischen Niereninsuffizienz nötig.

  • Salz (Natrium):
    Eine eingeschränkte Salzaufnahme wird empfohlen, um Bluthochdruck zu kontrollieren und Ödemen vorzubeugen. Demnach erweist es sich als vorteilhaft, wenn nicht noch zusätzlich Salz zu Mahlzeiten hinzugefügt wird und auf sehr salzhaltige Nahrungsmittel wie Gurken, Fastfood und in Dosen konservierte Lebensmittel verzichtet wird.
Ernährungsbedingte Einschränkungen tragen dazu bei, dass der Krankheitsfortschritt verlangsamt und Komplikationen vorgebeugt werden kann.

  • Flüssigkeitsaufnahme:
    Ein erniedrigtes Urinvolumen kann bei Nierenpatienten zu Ödemen (Wassereinlagerungen) führen und in schlimmen Fällen auch Kurzatmigkeit verursachen. Infolgedessen wird allen Patienten, die Ödeme aufweisen, eine eingeschränkte Satz- und Flüssigkeitsaufnahme empfohlen.
  • Kalium:
    Die meisten Nierenpatienten weisen erhöhte Kaliumwerte auf, was ernsthafte Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit des Herzens haben kann. Um dieser Problematik vorzubeugen, wird eine kaliumarme Ernährung empfohlen, d.h., dass auf getrocknete Früchte, Kartoffeln, Orangen, Bananen, Tomaten usw. verzichtet werden sollte.
  • Protein:
    Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz sollten eine eiweißreiche Ernährung vermeiden, weil die Aufnahme der Proteine die Nierenschäden verschlimmern kann.

8. Patienten auf die Nierenersatztherapie vorbereiten

  • Sobald die Diagnose der chronischen Niereninsuffizienz gestellt wurde, müssen die Venen des nicht dominanten Unterarms (i.d.R. der linke Unterarm) geschützt werden. Dies bedeutet, dass dort keine Blutentnahmen und Infusionszugänge erfolgen sollten.
Bei der chronischen Niereninsuffizienz sollten die Venen des nicht dominanten Unterarms des Patienten geschützt werden. Das bedeutet, dass dort Blutentnahmen und Infusionszugänge vermieden werden sollten.
  • Die Patienten und ihre Angehörigen müssen in Bezug auf ihre Krankheit geschult werden und zum Ende hin auch auf das Legen eines sogenannten „Shunts” vorbereitet werden. Die künstliche Herstellung einer solchen Arteriovenösen Fistel (Shunt) sollte vorzugsweise 6-12Monate vor dem voraussichtlichen Bedarf der Hämodialyse erfolgen.

Eine Hepatitis B Impfung sollte bereits in einem frühen Stadium der chronischen Niereninsuffizienz erfolgen, um das Risiko für eine Hepatitis- B-Erkrankung während der Dialyse oder einer Nierentransplantation zu senken.

  • Die Patienten müssen über die Möglichkeiten und Verfahren der Dialysebehandlung sowie der Nierentransplantation unterrichtet werden. Auch sollten die Vorteile verstanden werden, die eine sogenannte „präemptive Nierentransplantation” mit sich bringt. Bei dieser Form der Organspende, kommt die Niere von einer lebenden Person und die Transplantation erfolgt vor dem Beginn einer Dialysebehandlung.

9. Überweisung zum Nephrologen

Patienten mit der chronischen Nierenkrankheit sollten frühzeitig an einen Nephrologen überwiesen werden. Eine frühe Konsultation sowie die Schulung der Patienten im Umgang und Verhalten mit ihrer Krankheit, insbesondere vor der Dialysebehandlung, tragen dazu bei, das Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko des Patienten zu senken. Ein rechtzeitiger Therapiebeginn der genau auf die Bedürfnisse des Betroffenen abgestimmt ist, verlangsamt auch das Fortschreiten der Erkrankung. Infolgedessen wird das Endstadium des Nierenversagens hinausgezögert, sodass auch die Nierenersatztherapie immer später erfolgen muss.

Die regelmäßige Kontrolle des Blutdrucks trägt dazu bei, den Fortschritt der chronischen Nierenkrankheit zu verlangsamen. Der Blutdruck sollte nicht höher als 130/80mmHg sein.

Welche Behandlung trägt am meisten dazu bei das Fortschreiten der Niereninsuffizienz zu verhindern bzw. hinauszuzögern?

Worin auch immer die Ursache der chronischen Niereninsuffizienz liegt, am wichtigsten ist die regelmäßige Kontrolle des Blutdrucks. So führt ein unkontrollierter Bluthochdruck zu einer schnell fortschreitenden Verschlechterung der Funktionsleistung der Nieren und verursacht außerdem Komplikationen wie einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall.

Welche Medikamente werden verwendet, um Bluthochdruck zu behandeln?

Es ist die Aufgabe des Nephrologen bzw. des behandelnden Arztes, das geeignetste Medikament für die Behandlung auszuwählen.

Am häufigsten werden ACE-Hemmer, Angiotensin-Rezeptor-Blocker, Kalziumkanalblocker, Beta-Blocker und Diuretika (sogenannte „Wassertabletten”) verschrieben.

Es wird empfohlen, die ACE- Hemmer sowie die Angiotensin- Rezeptor-Blocker in erster Linie zur Senkung des Bluthochdrucks zu geben. Außerdem bringen diese Arzneien noch weitere Vorteile mit sich, die zur Verlangsamung der chronischen Nierenkrankheit beitragen und somit die Nieren schützen.

Welches Ziel wird mit der Kontrolle des Blutdrucks bei der Niereninsuffizienz verfolgt?

Die chronische Nierenkrankheit kann Bluthochdruck verursachen, aber auch verschlimmern, was letztendlich zur Verschlimmerung der

Nierenschädigung führen kann. Aus diesem Grund sollte der Blutdruck immer unter 130/80mmHg gehalten werden.

Wie kann der Blutdruck am besten überwacht werden?

Regemäßige Kontrolluntersuchungen bei dem behandelnden Arzt sind wichtig und geben Auskunft über den Status des Blutdrucks. Die beste Methode zur Überwachung des Blutdrucks ergibt sich jedoch aus dem Kauf einen Blutdruckmessgeräts, sodass auch zuhause regelmäßige Messungen erfolgen können. Die gemessenen Werte sollten dann aufgeschrieben werden, denn das hilft dem Arzt, die Dosierung und den Zeitpunkt der Medikamentengabe richtig einzustellen.

Wie helfen Diuretika den Patienten, die an chronischer Niereninsuffizienz leiden?

Da es zu einer Reduzierung des Urinvolumens bei den Patienten kommt, bleibt mehr Flüssigkeit im Körper, die wiederum zu Schwellungen (Ödeme) und sogar Atemnot führen kann. Diuretika sind Medikamente, die das Ausschwemmen von Flüssigkeit aus dem Körper fördern, wodurch das Harnvolumen erhöht wird. Folglich kann eben genannten Komplikationen vorgebeugt werden. Dabei darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass Diuretika Einfluss auf die Harnmenge haben, jedoch nicht die Funktionsfähigkeit der Nieren verbessern können.

Warum treten im Zuge der chronischen Niereninsuffizienz Anämien auf und wie werden sie behandelt?

Sind die Nieren gesund, dann produzieren sie ein Hormon, das sich Erythropoetin nennt. Dieses Hormon regt das Knochenmark an, rote Blutkörperchen zu bilden. Bei der chronischen Niereninsuffizienz ist jedoch die Funktionsfähigkeit der Nieren vermindert. Infolgedessen wird weniger Erythropoetin produziert, wodurch weniger rote Blutkörperchen gebildet werden können, was letztendlich zu einer Anämie führt.

Die Blutdruckselbstmessung daheim wird bei Nierenversagen bevorzugt.

Zu den Behandlungsschritten bei einer renalen Anämie zählt die Gabe von Eisentabletten und Vitaminen und gegebenenfalls wird Eisen auch in die Vene injiziert. Bei einer schwergradigen Anämie bzw. einer Anämie, bei der auch durch Medikamente keine Verbesserung zu beobachten ist, muss synthetisch hergestelltes Erythropoetin gespritzt werden. Dieses trägt dann dazu bei, dass im Knochenmark wieder mehr rote Blutkörperchen gebildet werden. Die Erythropoetin- Injektionen stellen eine sichere und effektive Maßnahme zur Behandlung von Anämien dar, die aufgrund einer Nierenerkrankung verursacht werden.

Blutkonserven erhalten die Patienten nur in Notfällen. In einer solch ernsten Situation verspricht diese Methode eine schnelle und effektive Behandlung der Anämie. Da jedoch allergische Reaktionen oder Infektionen durch die Gabe von fremdem Spenderblut möglich sind, bevorzugt man in allen anderen Fällen die Gabe von Erythropoetin.

Warum muss eine Anämie behandelt werden?

Die Aufgabe der roten Blutkörperchen ist der Sauerstofftransport. Sie versorgen den ganzen Körper mit dem in den Lungen aufgenommenen Sauerstoff. Das gibt dem Körper Energie für tägliche Aktivitäten und hält das Herz gesund. Bei einer Anämie kommt es infolge der verringerten Anzahl der roten Blutkörperchen zu Schwäche, Müdigkeit, schlechter körperlichen Leistungsfähigkeit, Kurzatmigkeit bei Belastung, schnellem Herzschlag, Verlust der Konzentration und Schmerzen in der Brust. Folglich ist eine frühe Behandlung sehr wichtig.