Die autosomal-dominat vererbte Form der polyzystischen Nierenerkrankung gilt als die am häufigsten auftretende Erbkrankheit der Nieren, die durch das Wachstum zahlreicher Zysten in den Nieren gekennzeichnet ist. Die polyzystische Nierenerkrankung ist die vierthäufigste Ursache der chronischen Niereninsuffizienz. Im Rahmen der Polyzystischen Nierenerkrankung, kurz PKD, kann es auch zu einer Zystenbildung in anderen Organen, wie der Leber, der Milz, der Bauchspeicheldrüse, dem Darm, dem Gehirn und den Eierstöcken kommen.
Mit welcher Häufigkeit tritt die polyzystische Nierenerkrankung auf?
Weltweit ist eine von 1000 Personen von der polyzystischen Nierenerkrankung betroffen, wobei festzustellen ist, dass die autosomal-dominante Form der PKD bei Männern und Frauen aller ethnischen Gruppen gleichermaßen auftritt. Ungefähr 5% aller Patienten, bei denen eine chronischen Niereninsuffizienz diagnostiziert worden ist und die bereits dialysepflichtig sind bzw. auf eine Transplantation warten, sind auch von der polyzystischen Nierenerkrankung betroffen.
Inwiefern sind die Nieren von dieser Erkrankung betroffen?
- Bei der autosomal-dominat vererbten Form der PKD kommt es zur Bildung zahlreicher Zysten, kleine flüssigkeitsgefüllte Bläschen, in beiden Nieren.
- Die Größe der Zysten kann sehr unterschiedlich sein. Der Durchmesser einer Zyste variiert von stecknadelkopfgroß bis zu 10cm.
- Mit der Zeit vergrößern sich die Zysten, wodurch das gesunde Nierengewebe langsam einengt und letztendlich zerstört wird.
- Solche Gewebsschäden verursachen Bluthochdruck, Eiweißverluste sowie eine Reduzierung der Nierenleistung, was wiederum zu einem Nierenversagen führt.
- Über einen langen Zeitraum schreitet die chronische Niereninsuffizienz fort, bis das Endstadium, das Nierenversagen, erreicht ist, und die Patienten eine Dialysebehandlung oder Transplantation benötigen.
Symptome der polyzystischen Nierenerkrankung
Viele Betroffene leben einige Jahrzehnte mit einer PKD ohne, dass sie irgendwelche Probleme bemerken. Die meisten Patienten entwickeln die ersten Symptome zwischen dem 30.-40. Lebensjahr. Häufig auftretende Symptome sind:
- Bluthochdruck
- Schmerzen, die in den Rücken und die Flanken ausstrahlen, und ein geschwollener Bauch
- Bauchschmerzen und das Gefühl einen großen Klumpen im Bauch sitzen zu haben
- blutiger Urin; Eiweiße können im Urin nachgewiesen werden
Die polyzystische Nierenerkrankung gilt als die am häufigsten vererbte Nierenerkrankung und als die vierthäufigste Ursache einer chronischen Niereninsuffizienz.
- wiederkehrende Harnwegsinfekte oder Nierensteine
- Es treten vermehrt typische Symptome einer chronischen
Niereninsuffizienz auf, die den fortschreitenden Verlust der
Funktionsfähigkeit der Nieren markieren
- Symptome, die durch Zysten in anderen Organen, wie der Leber,
dem Darm oder dem Gehirn, verursacht werden
- Komplikationen, die im Rahmen einer polyzystischen
Nierenerkrankung auftreten können, sind Hirn-Aneurysmen,
Bauchwandhernien, Infektion von Leberzysten, Veränderungen an
den Herzklappen und die Divertikulose (Ausstülpungen in der Wand
des Dickdarms). Etwa 10% der PKD-Patienten entwickeln ein Hirn-
Aneurysma. Hierbei entstehen Ausbuchtungen an einer Wand eines
Blutgefäßes im Gehirn, die auf geschwächte Gefäßwände
zurückzuführen sind. Hirn-Aneurysmen können Kopfschmerzen
verursachen. Außerdem ist das Risiko erhöht, dass das Gewebe
reißt, was zu einem Schlaganfall und gegebenenfalls zum Tod führen
kann.
Entwickelt jeder Patient mit einer polyzystischen
Nierenerkrankung ein Nierenversagen?
Nein. Ein Nierenversagen tritt nicht bei allen Patienten auf, die von einer
polyzystischen Nierenerkrankung (PKD) betroffen sind. Etwa 50%
dieser Patienten erleiden in einem Alter von 60 Jahren ein Nierenversagen
bzw. werden ca. 60% bis sie 70 Jahre alt sind, bereits ein Nierenversagen
erlitten haben. Das Risiko, eine chronische Niereninsuffizienz zu
entwickeln, ist bei den männlichen PKD-Patienten sowie bei Patienten,
deren Diagnose bereits in jungen Jahren gestellt worden ist, die an
Bluthochdruck leiden, vergrößerte Nieren haben oder bei den Eiweiße
im Urin nachgewiesen werden konnten, erhöht.
Schmerzen in den Flanken und im Bauch sowie blutiger Urin sind die häufigsten Symptome, die bei
Patienten mit einer polyzystischen Nierenerkrankung im Alter von 40 Jahren auftreten.
Die Diagnose der polyzystischen Nierenerkrankung
Folgende Untersuchungen werden durchgeführt, um eine autosomal-
dominant vererbte polyzystische Nierenerkrankung zu diagnostizieren:
- Ultraschall der Nieren:
Diese Methode wird am häufigsten für
eine PKD-Diagnose genutzt, weil sie zuverlässig, einfach, sicher,
schmerzlos und relativ günstig ist.
- CT oder MRT:
Diese Untersuchungsmethoden sind noch genauer,
aber dafür auch viel teurer. Mittels CT oder MRT können auch sehr
kleine Zysten entdeckt werden, die im Ultraschall nicht sichtbar
gemacht werden können.
- Familienuntersuchung:
Da es sich bei der polyzystischen
Nierenerkrankung um eine vererbbare Krankheit handelt, beträgt
die Wahrscheinlichkeit für ein Kind einer Familie, in der diese
Erkrankung bereits aufgetreten ist, ebenfalls davon betroffen zu sein
50%. Aus diesem Grund hilft ein Familien-Screening eine
polyzystische Nierenerkrankung frühzeitig bei Familienangehörigen
festzustellen.
- Untersuchungen, die Auskunft über den Effekt einer PKD auf
die Leistung der Nieren geben:
Hierfür wird einerseits ein Urintest
durchgeführt, um zu überprüfen, ob sich Eiweiße im Urin befinden.
Gleichzeitig wird auch ein Blutbild angefertigt, um mithilfe des Serum-
Kreatininwertes Auskunft über die Funktionsleistung der Nieren zu
erhalten.
- Zufallsdiagnose:
Es handelt sich um eine Zufallsdiagnose, wenn
die PKD bei einer Routineuntersuchung oder einem Ultraschall, der
eigentlich aus anderen Gründen erfolgt, festgestellt wird.
Bei der polyzystischen Nierenerkrankung handelt es sich um eine Erbkrankheit, sodass auch immer
die Familienangehörigen hinsichtlich dieser Erkrankung untersucht werden sollten.
- Gentest:
Hierbei handelt es sich um einen sehr speziellen Bluttest,
der verwendet wird, um Familienmitglieder, die das PKD-Gen tragen,
identifizieren zu können. Dieser Test sollte nur Anwendung finden,
wenn die bildgebenden Verfahren nicht ausreichend Informationen
für die Diagnosestellung liefern konnten. Da diese
Untersuchungsmethode nicht in jedem Krankenhaus möglich und
auch sehr teuer ist, wird er nur selten für diagnostische Zwecke
verwendet.
Welche Familienmitglieder eines PKD- Patienten sollten
hinsichtlich einer möglichen polyzystischen Nierenerkrankung
untersucht werden?
Die Geschwister und Kinder eines PKD-Patienten sollten untersucht
werden. Zusätzlich sollten auch die Geschwister der Eltern, von denen
der Patient die Erkrankung vererbt bekommen hat, hinsichtlich einer
polyzystischen Nierenerkrankung untersucht werden.
Werden alle Kinder eines PKD-Patienten eine polyzystische
Nierenerkrankung entwickeln?
Nein. Bei der polyzystischen Nierenerkrankung handelt es sich um eine
Erbkrankheit, bei welcher die Mutter oder der Vater Träger des
autosomal-dominat vererbten PKD-Gens sind. Infolgedessen beträgt
das Risiko, dass die Kinder der Betroffenen dieselbe Erkrankung
entwickeln werden, 50%.
Präventionsmaßnahmen bei einer polyzystischen
Nierenerkrankung
Derzeit gibt es noch keine Behandlungsmöglichkeit, die die Bildung von
Zysten verhindert bzw. ihr Wachstum verlangsamen kann.
Eine Untersuchung der Familienangehörigen sowie eine frühzeitige
Diagnosestellung haben dennoch mehrere positive Effekte.
Die Behandlung der polyzystischen Nierenerkrankung zielt darauf ab, das Fortschreiten der chronischen Nierenkrankheit
hinauszuzögern, und gegebenenfalls Niereninfektionen, Nierensteine oder Bauchschmerzen zu behandeln.
Beispielsweise ermöglicht die frühe Diagnosestellung eine bessere Behandlung der polyzystischen Nierenerkrankung.. Auch Veränderungen im Lebensstil sowie das Befolgen ernährungstechnischer Empfehlungen tragen dazu bei, die Nieren und das Herz zu schützen. Der Nachteil einer frühzeitigen Diagnosestellung ist, dass der/die Betroffene sehr ängstlich auf die Erkrankung reagieren kann und sich bereits in einem Stadium, in welchem noch keine Symptome auftreten oder Medikamente erforderlich sind, bereits große Sorgen macht.
Warum kann das Auftreten der polyzystischen Nierenerkrankung nicht reduziert werden?
Die polyzystische Nierenerkrankung wird in der Regel erst im Alter von 40 Jahren oder sogar noch später diagnostiziert. Die Mehrheit der Betroffenen bekommt ihre Kinder aber schon viel früher. Aus diesem Grund kann eine Übertragung der kranken Gene auf die nächste Generation gar nicht verhindert werden.
Patienten, die keine Symptome einer PKD aufweisen, brauchen auch nach der Diagnosestellung oftmals über viele Jahre hinweg keine Medikamente.
Die Behandlung einer polyzystischen Nierenerkrankung
Bei der polyzystischen Nierenerkrankung handelt es sich um eine Krankheit, für deren Ursache es keine Behandlungsmöglichkeit gibt. Dennoch muss die Symptomatik zum Schutz der Nieren behandelt werden, denn nur so kann der Fortschritt der chronischen Niereninsuffizienz verlangsamt werden. Folglich versucht man, dass Nierenversagen so lange wie möglich hinauszuzögern. Außerdem können mit einer symptomatischen Behandlung auch weitere Beschwerden und Komplikationen umgangen werden.
Wichtige Maßnahmen zur Behandlung einer polyzystischen Nierenerkrankung:
- Eine regelmäßig durchgeführte ärztliche Untersuchung ist wichtig, weil die Patienten in der Regel auch viele Jahre nach der Diagnosestellung asymptomatisch sind und keine Behandlung benötigen.
- Es sollten nur Schmerzmittel (z.B. Aspirin oder Paracetamol) verwendet werden, die die Nieren nicht schädigen. Infolge des Zystenwachstums treten immer wieder Schmerzen auf.
- Im Falle eines Harnwegsinfektes sollte dieser umgehend mit den entsprechenden Antibiotika behandelt werden.
- Eine frühzeitige Behandlung von Nierensteinen.
- Bei Patienten, die keine Ödeme haben, kann eine erhöhte Flüssigkeitsaufnahme dazu beitragen, Harnwegsinfekten oder Nierensteine vorzubeugen.
- Die genauen Behandlungsverfahren einer chronischen Niereninsuffizienz sind in den Kapiteln 10-14 nachzulesen.
- Bei sehr wenigen Patienten kann auch eine chirurgische oder radiologische Entfernung der Zysten aufgrund zu starker Schmerzen, Infektionen oder Blutungen notwendig werden.
Wann sollte ein PKD-Patient einen Arzt aufsuchen?
Patienten, die an einer polyzystischen Nierenerkrankung leiden, sollten umgehend einen Arzt aufsuchen, wenn folgende Problematiken auftreten:
- Fieber, plötzlich auftretende Bauchschmerzen, blutiger Urin
- schwere, immer wiederkehrende Kopfschmerzen
- unbeabsichtigte Verletzungen der stark vergrößerten Nieren
- Brustschmerzen, Appetitlosigkeit, starkes Erbrechen, Muskelschwäche, Verwirrung, Schläfrigkeit, Bewusstlosigkeit oder Krämpfe